Rudolf Ostermann und Thaddäus Rohrer

Wie verändert die Corona-Situation den Arbeitsmarkt in der Möbelbranche?

Was ist los auf dem Möbel-Arbeitsmarkt? Hat der Lockown auch die Personalpolitik erfasst? Und wird es langfristig zum großen Personalabbau kommen? Ein genaues Bild über den Jobmarkt in der Corona-Krise

Was ist los auf dem Möbel-Arbeitsmarkt? Hat der Lockown auch die Personalpolitik erfasst? Und wird es langfristig zum großen Personalabbau kommen? Ein genaues Bild über den Jobmarkt in der Corona-Krise zeichnen die beiden Personalberater Rudolf Ostermann und Thaddäus Rohrer im Interview mit der „möbel kultur“.

möbel kultur: Herr Ostermann, Herr Rohrer, wie haben Sie die Corona-Situation auf dem Arbeitsmarkt in der Möbelbranche erlebt?

Thaddäus Rohrer: Ja, es liegen einige Monate hinter uns mit schon dramatischen und vor allem völlig neuartigen Herausforderungen!

möbel kultur: Ist die Personalsuche zum Erliegen gekommen?

Thaddäus Rohrer: Der Arbeitsmarkt mit seinen konjunkturellen und saisonalen Schwankungen kam generell sehr weitgehend zum Erliegen, im Handel wie in der Industrie. Eine Mehrzahl von Besetzungsprojekten wurde aufgeschoben. Nachvollziehbar und verständlich, denn die Aufmerksamkeit war in Anspruch genommen durch die Organisation von Kurzarbeit, Homeoffice, Aufrechterhaltung der Logistik, der Vorsorge für Hygiene etc.

Rudolf Ostermann: Glücklicherweise gab und gibt es aber auch nicht aufschiebbare Projekte wie altersbedingte Nachfolgen, Besetzungen im Rahmen von Übernahmen oder Restrukturierungen, so dass Personalsuche, Kontaktaufnahmen und Bewerbergespräche unter den vorgeschriebenen Bedingungen nach wie vor stattgefunden haben.

möbel kultur: Wie haben Sie die Sitution im Handel wahrgenommen?

Thaddäus Rohrer: Im Handel war es so, dass nach den Lockerungsmaßnahmen im Monat Mai bei vielen Handelshäusern buchstäblich der Korken aus der Flasche gezogen wurde: Der Auftragseingang war teilweise erstklassig, insbesondere bei der Bestellung von langfristig geplanten Einbauküchen. Dennoch ist Kurzarbeit häufig noch im Juni angemeldet worden.

möbel kultur: Befürchten Sie langfristig einen Stellenabbau?

Rudolf Ostermann: Dominierend und belastend ist die allgemeine Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung, sprich, wird der Konsument, angeschlagen durch Kurzarbeit, Arbeitsplatz- und Einkommensverlust, in seine häusliche Einrichtung, Kraftfahrzeuge oder Reisen investieren? Der Textileinzelhandel und die Kaufhäuser machen sich z.B. wenig Hoffnung. Viele Gesprächspartner aus dem Handel sehen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Umsatz-Delle im Sommer kommen und diese Befürchtung steht gewiss der Einstellung von Mitarbeitern und der Vergabe von Ausbildungsstellen entgegen. Den Stellenabbau auf breiter Front sehen wir (noch) nicht.

möbel kultur: In welchen Bereichen wird es weiter Engpässe geben?

Thaddäus Rohrer: Engpässe erkennen wir auf alle Fälle bei qualifiziertem Personal für den E-Commerce, der boomartige Zeiten erlebt, und für die Logistik. Beim Verkaufspersonal im stationären Handel waren einige Inhaber so geschickt, dass sie in der Phase der Schließung Fortbildungsmaßnahmen verbunden mit langfristiger Bindung ans Unternehmen veranlasst haben. Engagierte Mitarbeiter auf der Verkaufsfläche oder auch im Chat bleiben der Schlüssel zum Erfolg.

möbel kultur: In welchem Maße hat die Corona-Situation das HR-Managemt digitalisiert?

Rudolf Ostermann: Viele Handelsbeziehungen wurden in den vergangenen Monaten von der Industrie über Video-Kanäle abgewickelt. Das könnte sich verstärkt als effizient durchsetzen und viele zeitaufwändige Reisen überflüssig machen (?). Bedauerlich ist für alle Branchenteilnehmer die geschätzte, aber wohl abnehmende Anzahl von Messen und den damit verbundenen Kontaktmöglichkeiten.

möbel kultur: Welche Managementtugenden sind momentan besonders gefragt in der Personalpolitik?

Thaddäus Rohrer: Es geht es um eine ruhige, bedachte Handlungsweise und vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber den Mitarbeitern, die sich sicher fühlen wollen bei ggf. aufgestocktem Kurzarbeitergeld, Gehaltsabrechnungen, Liquidität des Unternehmens. Von diversen Führungskräften und Inhabern wurden in diesem Zusammenhang überzeugende Video-Botschaften versendet.