Daniel Lambert Concept

Ein Konzept als Home-and-Living-Ökosystem

Daniel Lambert ist mit den beruflichen Stationen Lambert, Kaufhof, Habitat und zuletzt Qvest einer der profiliertesten Kenner des deutschen Handels, insbesondere des Einrichtungshandels. Seit einiger Zeit hat der Handelsstratege nun

Daniel Lambert ist mit den beruflichen Stationen Lambert, Kaufhof, Habitat und zuletzt Qvest einer der profiliertesten Kenner des deutschen Handels, insbesondere des Einrichtungshandels. Seit einiger Zeit hat der Handelsstratege nun an einem Konzept gearbeitet, das den Fokus vom stationären POS auf den digitalen POS legt. Herausgekommen ist dabei ein ganzes Ökosystem für Home & Living. Die Website ist kurz vor dem Live-Gang und Hersteller und Investoren sind an der künftigen Vermarktungsplattform interessiert. Wir haben in der heißen Phase mit Daniel Lambert gesprochen und ihn über sein Konzept und die Hintergründe befragt. Fest steht: Daniel Lambert plant den großen Wurf.

Frage: Herr Lambert, Daniel Lambert Concept heißt Ihr neues Projekt. Was steckt dahinter?

Daniel Lambert: Die Idee und die Grundlage des Konzepts liegen schon lange in der Schublade. Nach der Schließung von Habitat in Deutschland sind diese Pläne dann konkretisiert und so verfeinert worden, das dass Projekt jetzt ganz einfach realisiert werden muss. Den Weg dahin haben meine bisherigen Berufsstationen geebnet: Relativ früh habe ich durch meine Arbeit für Lambert, Habitat und Qvest den Niedergang des klassischen Handels durch die wachsende Transparenz der Preise miterlebt.

Seit etwa 2012 nutze ich als ein Gegenrezept den von mir entwickelten „POET“-Ansatz – vom POS zum „Place of Emotional Transaction“ in meiner kleinen Beratungsboutique. In den Projekten ist der „POET“ ein Teil der Antwort auf die Notwendigkeit der Hersteller, zu vertikalisieren. Die Pandemie-Situation hat jetzt noch einmal überdeutlich gezeigt, dass diese Überlegungen in die richtige Richtung gingen. Der klassische Handel wird so, wie wir ihn kennen, nicht mehr von den Kunden angenommen. Der Markt wird immer transparenter. Digitalisierung und Logistik machen die einst grundlegende Verteilerfunktion des Handels auf Dauer obsolet. Viele traditionelle Händler und die meisten Hersteller haben sich nur sehr unzureichend auf diese Veränderung vorbereitet. Verlassen zudem Player wie Habitat oder andere Händler mit vielen Touchpoints den Markt, geht den Herstellern der Kontakt zum Kunden gänzlich verloren und zudem verliert der Hersteller mit den zunehmenden Ladenschließungen natürlich einen beträchtlichen Teil seines Umsatzes, weil dieser Vertriebskanal immer schmaler wird. Der Kunde weint dem weggefallenen Angebot nicht hinterher, sondern orientiert sich um und weicht auf alternative Produkte und Kanäle aus.

Diese Lücke, die der stationäre Handel lässt, soll das Daniel Lambert Concept als digitale Plattform schließen, auch wenn in einem späteren Schritt Showrooms, also analoge Touchpoints, denkbar und sinnvoll sind. Im ersten Schritt aber bildet es die digitale Brücke zwischen den richtigen Herstellern und den richtigen Kunden. Die Konsumenten profitieren am Ende vom Wegfall des Zwischenhandels, denn das macht die Produkte – bei gleicher Qualität – preiswerter. Mehr Kunden haben somit Zugang zum Produkt und der Hersteller kann mehr verkaufen. Das Credo von Daniel Lambert Concept lautet folgerichtig: „Gutes muss nicht teuer sein“. 

Frage: Für wen ist das Konzept interessant? Kunden? Industriepartner? Marken?

Daniel Lambert: Das Konzept basiert auf einer hybriden D2C- und B2B-Plattform und ist somit für den Verbraucher, für qualitätsorientierte Hersteller sowie bereits etablierte Markenhersteller interessant. Markenherstellern mit bestehendem D2C-Shop bieten wir die Chance, eine Auswahl der Produkte zum UVP zu präsentieren und sie mit einen Link auf die Homepage der Marke zu versehen. Für Hersteller ohne D2C-Shop ist das Konzept deshalb hochspannend, da wir einerseits deren Artikel bei uns im Shop anbieten, andererseits sogar die Funktion des Distributors im Bereich B2B übernehmen können. Auch hier kümmern wir uns im eigenen Interesse um einen fairen und, wo immer möglich, sogar den besten Preis. Für den Kunden ist das Angebot attraktiv, da er im Shop immer Originale von ausgesuchten Herstellern zum besten Preis erhält. Er hat die Gewissheit, niemals ein „Fake“ zu kaufen – eine der großen Ängste und „Kaufverhinderer“ insbesondere im Hochpreissegment, selbst bei etablierten Onlineshops.

Diese Gewissheit unterstützen wir offensiv mit einer „ReBuy“-Garantie aller bei uns gekauften Produkte. Dieses Angebot können wir garantieren, weil wir schon bei der Auswahl der Hersteller und der Produkte von Anfang an auf Design und Produktqualität achten. Diese Rückkaufgarantie ist Nachhaltigkeit pur. Zusammen mit originalen Design-Ikonen aus zweiter Hand werden diese zurückgekauften Produkte in unserem „ReBuy“-Shop zu einem noch besseren Preis angeboten. Unser Angebot wird dadurch für eine sehr breite Kundengruppe attraktiv, weil wir mit den gebrauchten Artikeln auch junge Käuferschichten für das Design-Segment erschließen. In Summe erinnert dieser Plattform-Ansatz also mehr an ein Home-and-Living-Ökosystem als an einen reinen Shop.

Frage: Was sind die nächsten Schritte?

Daniel Lambert: Ich bin Händler mit Herz und Leidenschaft. Gut dekorierte Geschäfte mit gut ausgebildetem Personal, stimmigem Angebot und tollem Service, sind meine Heimat und meine Passion. Diese Emotionalität muss auch online transportiert werden. Daher gilt es, weitere Kommunikationsmöglichkeiten oder moderne „Touchpoints“ für den Kunden bereit zu halten. Neben der normalen Shopping-Funktion kann der Kunde Produkte über die Sparte „ReBuy“ erneut anbieten.  Über die Funktion „Studio“ kann er seine Produktideen in Zusammenarbeit mit unseren Partnern verwirklichen. Denn grundsätzlich glaube ich an eine Handelswelt, die noch viel stärker von Kooperationen unterschiedlichster Art geprägt sein wird. Vor allem von der Kooperation zwischen Verkäufer und Kunde, die über die reine Transaktion hinausgeht und etwas Neues hervorbringt.

So ist auch meine Herangehensweise an die Plattform-Entwicklung: Es wäre falsch von mir, zu behaupten, ich könne z.B. einen Shop programmieren, das können andere viel kompetenter und schneller als ich. Ich bin vielleicht auch nicht der beste Designer, da haben andere ein viel besseres Auge und kreativere Ideen als ich. Ich trage aber die Dinge zusammen und erstelle damit ein Gesamtkonzept. Das hat sich ja auch in der Namensgebung abgebildet. Alle, die sich zudem aktiv einbringen, sind Teil des Konzepts und für den Erfolg des Ganzen verantwortlich.

Frage: Sie planen im Rahmen der TrendsUpWest auszustellen. Was werden Sie dort zeigen?

Daniel Lambert: Für mich ist die Idee der TrendsUpWest eine sehr gelungene Antwort auf die aktuellen Herausforderungen im Miteinander der Hersteller mit ihren Kunden. Dort möchte ich unter anderem erste Produkte der Kollektion von Wetter Indochine präsentieren (siehe Bilderstrecke zur News). Diese besonders schöne und handwerklich hergestellte Kollektion ist in Auszügen in Europa bisher nur bei führenden französischen Einrichtungslabeln, in einem großen Schweizer Luxuswarenhaus und in einem Onlineshop zu finden.

Frage: Nun wird auch eine eigene Produklinie Teil des Konzepts sein. Wo sourcen Sie die Artikel für Daniel Lambert Concept?

Daniel Lambert: Zu Lambert-Zeiten bin ich für den Einkauf durch die halbe Welt gereist. Von den Glasbläsern in Slowenien, den Eisenbiegern in der Türkei, bis hin zu den beeindruckenden Kunsthandwerkern, die in Java mit Holz und Rattan arbeiten. Diese Kontakte bestehen nach wie vor und sind von mir und der Familie aus alter Verbundenheit immer gepflegt worden. Besonders feine Lackwaren und Körbe kommen aus Vietnam von einem Unternehmer, mit dem ich schon vor über 20 Jahren zusammen gearbeitet habe. Für Habitat wiederum hatte ich das Vergnügen, mit namhaften Designern zusammenzuarbeiten und auch eigene Ideen in die Kollektion mit einzubringen. Diese Erfahrungen sind immer geprägt von Begegnungen mit Menschen, die mit Begeisterung und Leidenschaft Neues entstehen lassen. Meine Herangehensweise an das Business (und die hat sich fast immer sehr bewährt), hat viel mit Vertrauen und gegenseitiger Verlässlichkeit zu tun. Da mag man mich für einen Romantiker halten, ich fühle mich damit sehr wohl. So gewinne und pflege ich meine Kontakte und das gibt mir einen großartigen Zugang sogar zu Märkten, die sonst eher verschlossenen sind.

Frage: Wie ist das gesamte Projekt vor dem Hintergrund der Corona-Krise zu bewerten?

Daniel Lambert: Wie schon erwähnt begann die Planung für das Projekt weit vor Corona. Corona ist jetzt wie ein „Turbo“ für uns. Türen, an die ich vorher geklopft hatte, waren schon damals einen kleinen Spalt auf. Jetzt öffnen sie sich plötzlich ganz weit. Das motiviert sehr und zeigt, dass für diese Revolution im Handel der richtige Zeitpunkt gekommen ist.

Frage: Welches sind die größten Fallstricke und Hindernisse des Projekts?

Daniel Lambert: Am Anfang war es die Suche nach den richtigen Partnern, um überhaupt starten zu können. Der Übergang von der Theorie in die Praxis ist ein gewaltiger Schritt und fällt einem leider nicht einfach zu, insbesondere in den Bereichen IT und Finanzierung. Auch der eigene Anspruch kann einem im Weg stehen. Da wir nicht an unseren eigenen, sehr hohen Ansprüchen scheitern wollen, ist es wichtig, einem klaren Fahrplan für die Ausweitung des Geschäftsbetriebs streng zu folgen. Nur so viel – ich bin ein großer Fan von „As a Service“-Angeboten und den damit verbundenen Retainer-Modellen – auf Seiten der Hersteller wie auf Seiten der Kunden.

Frage: Benötigen Sie Investoren?

Daniel Lambert: Erste Container sind bestellt und Lieferverträge unterschrieben. Das aktuelle Geschäftsmodell wird von einem Gründerfonds gefördert und kann sich mit generischem Wachstum selber tragen. Ich halte es jedoch in der aktuellen Zeit für angebracht, das Konzept zusätzlich mit strategischen Investoren zu besprechen. Wir bewegen uns in einem Markt, in dem Geschwindigkeit wichtiger ist als Größe und in dem das spezifische Wissen um heutige Marketing- und Vertriebsansätze und die Notwendigkeit der richtigen Partner viel mehr im Vordergrund stehen als noch vor wenigen Jahren. Dabei müssen wir aber auch den Spagat zwischen Old und New Economy und zwischen den Generationen hinbekommen. Wir wollen im Auftreten modern, aber nicht modisch sein. Und trotzdem müssen wir auch Digital Natives erreichen. Ich sehe das täglich an unseren Kindern. Ihr Einkaufsverhalten ist ein ganz anderes, als das unserer Generation.

Jetzt, wo die Website steht und erste qualifizierte Partner ihre Zusage gegeben haben, konnten auch erste Gespräche mit Investoren geführt werden – auch hier mit überraschend positiver Resonanz.

Frage: Wie hat die Corona-Phase Sie selbst und ihr Denken bisher verändert.

Daniel Lambert: Schon lange vor Beginn der Pandemie habe ich den Handel in den Innenstädten zunehmend kritischer gesehen. Dabei hat es keinen Unterschied gemacht, ob ich durch Köln, Paris oder Barcelona gegangen bin. Wachsender Leerstand, tote Schaufenster, die Ausbreitung der immer gleichen Billigketten und Ein-Euro Läden, ständige Sonderangebote – überall bietet sich das gleiche Bild. Nur wenige Städte haben verstanden, dass City-Marketing auch Shopping-Marketing sein muss, da „Shopping“ bis zur Pandemie eine zentrale Freizeitbeschäftigung gewesen ist und das auch wieder sein wird. Diese Freizeitbeschäftigung hat sich durch die Pandemie komplett ins Internet verlagert. Hier lernt der Kunde völlig neue Gesetzmäßigkeiten kennen, und zwar zunehmend auch die älteren Generationen. Sie verfügen mittlerweile über große E-Commerce-Kompetenz. Am POS haben wir immer von optimierter Kundenwegeführung gesprochen und die Richtungsänderung durch „Hotspots“ markiert. Wenn wir bald unsere Läden wieder aufmachen, ist dieses ganze Wissen nicht mehr aktuell und muss neu erarbeitet werden.

Das „neue Normal“ bereitet mir aber keine Sorgen. Viel gefährlicher finde ich den maßlosen „Neoliberalismus“ in dem einzig das „Mehr“ das Maß der Dinge ist. Um hier keinen falschen Eindruck zu schaffen: Ich schätze nachhaltigen Konsum und umgebe mich gerne mit schönen Dingen. Aber die Überlegungen über die Produkte, die ich kaufe und die Prioritäten, die ich dabei setze, sind andere. Im Homeoffice ist der x-te Anzug und das trendigste Kostüm nicht notwendig, die Uhr am Handgelenk muss nicht repräsentieren, sondern mir wirklich gefallen und ein neues Auto aus Stuttgart steht plötzlich in Konkurrenz zu einem anderen Mobilitätskonzept Made in Brandenburg. Über Mobilität wird schon seit einiger Zeit völlig anders nachgedacht. Solche Umbrüche machen auch vor dem Handel nicht halt.

Corona hat dazu geführt, den Fokus auf die Prioritäten im Leben noch zusätzlich zu verschärfen. Das Zuhause als Rückzugort verlangt nach Ästhetik und bringt die Veränderung vom „Dressing Chic“ zum „Nesting Chic“ (siehe Samsung-Studie) mit sich. Nach dem Einrichten des Homeoffice wird das Update der heimischen Küche folgen und dann kommen das Wohnzimmer und die Unterhaltungselektronik dran. Der Konsum bleibt uns mit Sicherheit erhalten – der Zugang zum Konsum verändert sich jedoch gewaltig. Unser Konzept kann diesen Wandel nicht nur abbilden, sondern mitgestalten.