AMK-Workshop

„Better safe than sorry“ – Tipps zum (Hard)Brexit

Die Jahresfrist geht zu Ende, doch noch immer ist kein Ergebnis der Brexit-Verhandlungen in Sicht. Damit wird die Möglichkeit eines „No Deal“ immer wahrscheinlicher. Aber was geschieht dann mit den

Die Jahresfrist geht zu Ende, doch noch immer ist kein Ergebnis der Brexit-Verhandlungen in Sicht. Damit wird die Möglichkeit eines „No Deal“ immer wahrscheinlicher. Aber was geschieht dann mit den Verträgen und gesetzlichen Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene? Was bedeutet der „Hard Brexit“ künftig für Lieferketten und Kosten? Dazu informierte gestern die AMK im „Brexit-Workshop“, der mit über hundert Teilnehmern ein großes Interesse widerspiegelte. Als Experten waren Daniel Wuhrmann, Rechtsanwalt der Kanzlei reuschlaw, und Roland Heine von der Intertek Consumer Goods GmbH geladen.

Kernpunkt von Rechtsanwalt Daniel Wuhrmann: Sollte es nicht rechtzeitig zu einer Einigung kommen, gibt es dennoch auch ab 1. Januar Regeln, an die Unternehmen gebunden sind und Rechtssicherheit vermitteln. Für Zollabwicklung und -tarife werden grundsätzlich die Drittstaaten-Regelungen der WTO maßgebend. Doch dies könnte sich abmildern durch die bereits lange bestehenden Vereinbarungen für den Europäischen Wirtschaftraum (EWR) mit denen für den definierten EFTA-Raum versucht wurde, die Formalitäten zu vereinfachen. Die Frage ist, ob sich Großbritannien ebenso wie beispielsweise Norwegen, Island und angelehnt auch die Schweiz diesem Kreis zuordnen lässt. Denn formal hat das Land nie den Austritt erklärt, trotzdem sind hier die Meinungen (noch) strittig. Falls UK nicht zum EWR zählt, wäre ein Wiedereintritt denkbar ebenso wie bilaterale Abkommen mit einzelnen Ländern oder das Kanadische Modell als umfassendes Abkommen.

Eklatante Konsequenzen könnten hingegen das Produktsicherheitsgesetz für neue Produktentwicklungen und -einführungen nach sich ziehen.

Grundsätzlich gilt: Bestehende Verträge werden nicht sofort ungültig. Aber es kann, bedingt durch den veränderten rechtlichen Rahmen, zu Vertragsänderungen oder sogar -auflösungen kommen, wenn unzumutbare Umstände dies rechtfertigen. Dies gilt es hinsichtlich möglicher Ausfallkosten zu checken.

„Better safe than sorry“ lautet der Tipp an die Unternehmen, also nach dem Motto „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ nicht zu lange auf den Ausgang des Brexit-Deals zu warten, sondern die eigenen Möglichkeiten und Risiken zu prüfen.

Unstrittig ist wohl, dass der Aufwand für die Zollabwicklung an der Grenze lange Stauzeiten und Lieferverzögerungen zur Folge hat. Soweit nichts in den Verträgen verankert ist, wird voraussichtlich die ROM1-Verodnung Anwendung finden und werden EU-Richtlinien (Incoterms) weiterhin gelten, schätzt Rechtsanwalt Wuhrmann. Und die dann fällige Umsatzsteuerverpflichtung wird möglicherweise die Preisstrukturen verändern. Sprich: Produkte werden eventuell teurer.

Ergänzung:

Großbritannien ist für die deutsche Küchenindustrie der sechstgrößte Exportmarkt. Der Absatz nach UK ist jedoch infolge des Corona-Shutdown massiv eingebrochen: Im ersten Halbjahr 2020 sanken die Ausfuhren um 28,2 Prozent auf knapp 49 Millionen Euro. (AMK)