Maßmöbelanbieter im Performance-Check - V

Alessandro Quaranta, Form.bar: „Dank unseres dezentralen Fertigungsnetzwerks hatten wir bislang nie Engpässe“

Die Corona-Lage hat auch dazu geführt, dass die Verbraucher in den eigenen vier Wänden weniger Kompromisse eingehen wollten. So waren hochwertige und passgenaue Einrichtungslösungen stark nachgefragt. Davon konnten insbesondere Maßmöbelanbieter

Die Corona-Lage hat auch dazu geführt, dass die Verbraucher in den eigenen vier Wänden weniger Kompromisse eingehen wollten. So waren hochwertige und passgenaue Einrichtungslösungen stark nachgefragt. Davon konnten insbesondere Maßmöbelanbieter im Internet profitieren, sofern sie ihre Prozesse im Griff hatten. Wir haben deshalb mit den führenden Shops gesprochen, um zu erfahren, wie sie durch die Pandemie gekommen sind. Alessandro Quaranta, Geschäftsführer von Form.bar berichtet davon, wie die Vertriebsmarke von Okinlab, einem Start-Up aus Saarbrücken, 2020 abgeschnitten hat. Dabei ist der Ansatz von Formbar Technologie-getrieben: „Nur die Interdisziplinarität aus Architektur, Bionik, Mathematik und Informatik ermöglichen das Ausschöpfen des zur Verfügung stehenden technologischen Potentials und ebnen den Weg für den innovativen Möbelkonfigurator, der nicht nur das Verständnis von Möbeln revolutioniert, sondern eine neue Ära im Möbeldesign einleitet.“

möbel kultur: Herr Quaranta, wie sind Sie mit Form.bar durch das Corona-Jahr 2020 gekommen? Und wie schneiden Sie wirtschaftlich gegenüber Ihren Planungen ab?

Alessandro Quaranta: 2020 lief tatsächlich besser als geplant, teilweise deutlich besser. Unser Team ist auf jetzt 25 Mitarbeiter gewachsen, unser Schreiner-Netzwerk ist ebenfalls nochmals größer geworden, wir hatten mehr neue Designs und Kunden als je zuvor, neue Rekordumsätze, vor allem die Monate Mai und November waren herausragend, die besten der Unternehmensgeschichte. Dazu kamen internationale Preise wie die Auszeichnung „Designers of the Year“ und zum vierten Mal in Folge der Titel Deutschlands bester Online-Shop für Maßmöbel, was eine wirklich tolle Bestätigung unserer Arbeit ist. Darüber hinaus haben wir neue Partner im Ausland gefunden, sind in immer mehr Ländern aktiv, inzwischen auch außerhalb Europas.

möbel kultur: Was waren die größten Herausforderungen?

Alessandro Quaranta: Auch wenn das wegen Corona etwas seltsam klingen mag: Im Grunde waren die Herausforderungen für Form.bar nicht viel anders als in den Jahren davor. Wir haben unser Portfolio und die Technologie weiterentwickelt, haben die Marke bekannter gemacht und haben versucht, Form.bar noch mehr Menschen näherzubringen. Ganz konkret haben wir zum Beispiel den Weg vom ersten Kontakt bis zum Kauf optimiert.

Klar, wegen Corona mussten wir unsere Arbeitsweise etwas umstellen, uns umorganisieren. Man kann derzeit einfach nicht mehr so leicht schnell was besprechen auf dem Büroflur oder auch mal rumalbern und kreativ sein. An sich war der Umzug ins Homeoffice aber keine große Herausforderung, weil wir ohnehin digital aufgestellt sind. Dennoch haben wir die neue Situation dafür genutzt, um Prozesse besser zu machen und auch das ganze Team so auszustatten, auch technisch, dass jeder optimal arbeiten kann und unsere Kunden optimal beraten werden.

möbel kultur: Wer ist Ihre Zielgruppe?

Alessandro Quaranta: Zu unseren Kunden zählen auffallend viele Selbstständige, auch viele Ärzte und Anwälte und Kreative. Form.bar ist, denke ich, besonders für Menschen interessant, die etwas erreichen wollen im Leben, die ihr Leben aber auch genießen, sich mit schönen Dingen umgeben und dafür bereit sind, einen fairen Preis zu bezahlen. Menschen, die konkrete Vorstellungen von ihrem Leben haben, die gerne Dinge selbst gestalten und sich nicht mit dem Erstbesten zufrieden geben, was sie in einem Laden finden. Sondern eher denken: Vielleicht geht es noch besser, vielleicht auch noch schöner und vielleicht noch gesünder. Menschen, die sich ein bisschen mehr Zeit nehmen für wirklich gute Dinge, die wissen, dass sich das lohnt.

möbel kultur: Mit welchem Geschäftsverlauf rechnen Sie 2021 und was werden die größten Herausforderungen sein?

Alessandro Quaranta: Wir rechnen wieder mit steigenden Umsätzen, mit nochmals mehr Kunden. Und wir freuen uns, wenn international immer mehr Partner dazukommen und tolle Form.bar-Möbel zum Beispiel in Kanada oder Südafrika entstehen. Natürlich muss man abwarten, wie sich die Pandemie auf die allgemeine wirtschaftliche Lage auswirkt. Wir sind jedoch so gut aufgestellt, dass wir Gewerbekunden genauso wie Privatleute gut bedienen können. Dank unseres dezentralen Fertigungsnetzwerks hatten wir bislang nie Engpässe in der Lieferkette und könnten auch weiter regional produzieren, selbst wenn neue Corona-Wellen kämen. Diese hohe Flexibilität ist ein absolutes Plus von form.bar. Vielleicht hat die Pandemie manchem die Augen dafür geöffnet, wie wichtig es ist, vorbereitet zu sein für solche extremen Herausforderungen.

möbel kultur: Denken Sie, dass das Thema Maßmöbel auch im stationären Handel Fahrt aufnimmt und von großen Anbietern wie Höffner oder XXXLutz verstärkt angeboten werden könnte?

Alessandro Quaranta: Ja, das denke ich. Man geht doch in den Fachhandel, um sich fachlich beraten zu lassen. Bei vielen Produkten aber ist das nicht mehr notwendig, weil alles im Netz erklärt wird, da kann ein Berater im Laden nichts mehr hinzufügen. Deswegen bestellen ganz viele Menschen online – Bücher, Schuhe und auch Möbel. Allerdings gibt es im Bereich der Maßmöbel durchaus Beratungsbedarf, die Kunden werden auch gern beraten. Und eine sehr gute Beratung kann dann den Unterschied ausmachen zu den meisten Angeboten im Netz. Der Fachhandel muss sich Gedanken machen, wie er sich vom Online-Handel abgrenzt bzw. wie er offline und online verbindet. Also aus meiner Sicht gibt es immer noch ein großes Interesse an Beratung im Fachhandel, vieles ist aber online wunderbar möglich, das zeigen wir ja mit der Form.bar-Technologie, wo sich in Echtzeit und 3D alles realitätsecht darstellen und sogar verändern lässt.

möbel kultur: Welche Marketingkanäle bespielen Sie im Wesentlichen?

Alessandro Quaranta: Suchmaschinen sind wichtig, da kommt es auf die richtige Steuerung an und da haben wir uns in den vergangenen Jahren erhebliches Knowhow aufgebaut. Ebenso nutzen wir die Sozialen Medien, wobei es entscheidend ist, ehrliche Inhalte zu präsentieren und nicht irgendwelchen Content. Mit unseren Formen und dem nachhaltigen Prinzip können wir online auf jeden Fall viele Menschen begeistern. Aber auch Print spielt für uns weiter eine Rolle. Wir gehen davon aus, dass Zeitschriften für unsere Zielgruppe auch in Zukunft eine wichtige und gern genutzte Informationsquelle bleiben. Genau wie für unsere Partner in Fertigung und Planung.